4 Tage lang haben schwere Gewitter mit ergiebigem Starkregen, Sturmböen und Hagel über Thüringen getobt. Neben hohen Sachschäden durch Erdrutsche und Schlammlawinen wurde eine Person durch einen herabfallenden Ast im Weimarer Land schwer verletzt. Nahezu jeder Landkreis war durch die Auswirkungen der Unwetter betroffen.

Wetterlage: Sumpfgebiet

In diesem "barometrischen Sumpf" gibt es eine Kombination aus feuchtwarmer Luft und geringen Luftdruckgegensätzen. Das bedeutet: Viel potentielle Energie und gleichzeitig wenig Fortbewegung. Diese Kombination ist eine klassische Wetterlage für extreme Starkregenfälle. Aufgrund der fehlenden Höhenströmung können sich einmal entstandene Gewitter nicht fortbewegen. Sie bleiben vor Ort stehen und vergrößern sich. Dadurch können in kurzer Zeit über dem gleichen Ort enorme Regenmengen auftreten, die zu plötzlichen Überschwemmungen und Sturzfluten führen können.

Der auslösende Mechanismus für die Gewitter sind meist die Gewitter selbst mit Hilfe der Berge. In den letzten Tagen entstanden sie vor allem durch den Abwind ("Outflow") der vorangegangenen Gewitterzelle oder breitflächiger Abwinde ("outflow boundaries") aus größeren Gewitterclustern, wo gewittergekühlte Luft die Warmluft wieder anhebt. Konvergenzen (Zusammenströmen von Luftmassen) sind ebenfalls eine essentieller Hebungsfaktor für Gewitter. Orographische Einflüsse (Gebirge wie Thüringer Wald, Südharz, Höhenzüge wie die Hainleite) stellen bei solchen Wetterlagen häufig den ersten Hebunsfaktor dar.

Wochenende: 1 Verletzter, Brände und jede Menge Schlamm

Am Samstag richteten die ersten kräftigen Gewitter Schäden im Weimarer Land an: Im Raum Blankenhain wurde die Ortsdurchfahrt von Schwarza gesperrt, da von den Feldern gespülter Sand die Fahrbahn unpassierbar machte. Mehrere Keller galt es in Blankenhain auszupumpen, Bäume stürzten um und eine Stromleitung wurde bei Saalborn abgerissen. In Erfurt kämpften Awohner und Feuerwehr im Stadtteil Stotternheim gegen die Wassermassen, im Eichsfeld war die Landstraße zw. Breitenbach und Hundeshagen teilweise unpassierbar. Gleiches galt wegen eines Erdrutsches zw. Gräfinau-Angstedt und Wümbach im Ilm-Kreis. Auf den Autobahnen 4 und 71 gab es mehrere Unfälle.

Die nächsten Unwetter sorgten am Sonntagnachmittag und -abend für weitere Sachschäden und leider auch einer verletzten Person. Diese wurde in Auerstedt (Weimarer Land) bei einem Festival von einem herabstürzenden Ast getroffen und schwer verletzt. Im Kreis Hildburghausen trafen Blitze Wohhäuser in Straufhain und Eishausen, wo Dachstühle in Brand gesetzt wurden. Das Rinnetal im LK Saalfeld-Rudolstadt wurde wieder einmal Schauplatz von Überschwemmungen: In Königsee, Rottenbach und Unterköditz überflutete die Rinne Teile der Ortschaften, machte Straßen unpassierbar und flutete einige Keller. Die Straße zw. Rottenbach und Paulinzella wurde wegen eines Hangrutsches gesperrt. In Folge des Abgangs wurden auch Strom- und Telefonleitungen in Mitleidenschaft gezogen und Bäume fielen wegen Unterspülung im Wurzelwerk um (Bericht mit Bildern im Forum).

Herabgerissene Äste und ausgespülte Wege sind nach der Nacht zum Dienstag die Schadensbilanz im Sondershäuser Schlosspark (Kyffhäuserkreis). Auch in die Schlossgalerie drang das Wasser ein. In Erinnnerung wird diese Nacht auch 5 Familien bleiben, die aufgrund eines Wasserschadens einen Stromausfall erlebten und teilweise in Ausweichquartieren unterkommen mussten. Nur unweit in Schlotheim (Unstrut-Hainich-Kreis) löste ein Blitzschlag ein Feuer in einer Scheune aus. Bis zum Morgen waren Wehren aus Schönstedt, Alterstedt, Weberstedt, Mülverstedt, Großengottern und Bad Langensalza im Einsatz. Durch einen abstürzenden Ast wurde das Dach eines Förderzentrums in Seebach beschädigt. Im Kreisgebiet gab es vollgelaufene Keller und umgestürzte Bäume.

Schmölln, Unterbreizbach und Leina hat es besonders erwischt

Die enormen Regenmengen in kurzer Zeit haben zu Wochenbeginn in einigen Thüringer Orten ihre Spuren hinterlassen: In Leina (LK Gotha) liefen zahlreiche Keller voll, errichteten Helfer und Anwohner einen Hochwasserschutzdamm. An der Landstraße zwischen Schönau vor dem Walde und Georgenthal wurde die neu gemachte Bankette ausgespült; in Friedrichroda, Cumbach, Tambach-Dietharz, Gospiteroda, Mechterstädt, Waltershausen, Ohrdruf, Schönau vor dem Walde, Gräfenhain, Engelsbach und Finsterbergen liefen Keller voll, Schlamm und Geröll behinderte den Straßenverkehr.

In Ostthüringen hat es diesmal Schmölln getroffen: Durch Unterspülungen haben sich Straßendecken teilweise gehoben, Kellerräume einer Kita liefen mit Wasser voll, eine Unterführung wurde nach Zeitungsangaben mehrere Meter hoch überschwemmt. In Meuselwitz brannte nach Blitzschlag eine Dachgeschosswohnung. Im übrigen Landkreis hatte die Feuerwehr ebenfalls mit Überflutungen zu kämpfen.

Weiterer Brennpunkt im Westen des Landes war die Gemeinde Unterbreizbach im Wartburgkreis. Hier stand nach Presseberichten der Ortskern unter Wasser. Auch benachbarte Gemeinden wie Buttlar, Wenigentaft, Mosa und Pferdsdorf waren betroffen. Bei Buttlar blieb die B84 über Nacht wegen Überflutung gesperrt. Auch die Eisenacher hatten mit den Auswirkungen des Gewitterstarkregens zu kämpfen: Einige Keller und Grundstücke liefen mit Wasser voll und Gullydeckel wurden hochgedrückt.

Extrem nasser Juli - 430 % über dem Soll in Erfurt

Monatsniederschlag (radarangeeichte Summen) Juli 2014 (Quelle: modellzentrale/DWD RADOLAN).

Dunkelrote Bereiche beziffern Mengen ab 200 l/m², rote Bereich ab 150 l/m², orange ab 120 l/m². Ein Großteil der Niederschläge fiel dabei durch Gewitterstarkregen. Monstab (ABG) schaffte es am 29.07. zu einem Tagesniederschlag von 65,6 l/m², 32 l/m² waren es in Kirchengel (KYF) am 27., in Heßberg (HBN) gingen vom 27. - 30.07.2014 90 l/m² nieder. Der Juli 2014 reiht sich als ein extrem nasser Monat in die Klimageschichte ein: Erfurt liegt mit einem Monatsniederschlag von 210 l/m² 400 % über dem üblichen Soll. Die Landeshauptstadt wurde besonders zum Monatsende mehrmals von heftigen Gewittern getroffen.

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